Der Schwarze Orpheus als interkulturelle Metapher

Workshop aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der Veröffentlichung von Jahns Lyrik-Anthologie Schwarzer Orpheus

23. Juli 2004

1954 erschien im Carl Hanser Verlag, München, die Anthologie Schwarzer Orpheus: Moderne Dichtung afrikanischer Völker beider Hemisphären, herausgegeben von Janheinz Jahn, der die einzelnen Gedichte auch ausgewählt und ins Deutsche übertragen hatte. Zur Würdigung des 50. Jubiläums der Lyrikanthologie Jahns, deren Veröffentlichung den Beginn einer breiteren Rezeption zeitgenössischer afrikanischer Literaturen in Deutschland markiert, fand – vom Zentrum für interkulturelle Studien finanziert – am 23. Juli 2004 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein interdisziplinäres Symposium zum Thema "Der Schwarze Orpheus als interkulturelle Metapher" statt. Gleichzeitig war das Symposium auch eine Hommage an Janheinz Jahn, dessen literarischer Spürsinn und vielseitige Begabung den Schwarzen Orpheus ermöglicht hat und dessen Sammeleifer die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen den Grundstock ihres einzigartigen Bestandes verdankt. Jahn wäre am 23. Juli 2004 sechsundachtzig Jahre alt geworden.

Das Symposium wurde von Anja Oed (Institut für Ethnologie und Afrikastudien) und Lutz Dreyer (Fachbereich Musik, Musikhochschulausbildung Rheinland-Pfalz). Ziel des Symposiums war es, die Bedeutung der Idee bzw. der Figur des Schwarzen Orpheus als interkultureller Metapher zu untersuchen und dabei sowohl zeitgeschichtliche Zusammenhänge und Bedingungen aus heutiger Sicht zu reflektieren als auch den Vermittlungsgedanken aufzugreifen, der bei Jahn, aber auch bei anderen Protagonisten der Literatur- und Musikszene von großer Bedeutung war und ist. Sowohl literatur- als auch musikwissenschaftliche Perspektiven wurden dabei berücksichtigt.

Vorträge:

  • Anja Oed (Mainz): Der Schwarze Orpheus als interkulturelle Metapher: Einführung
  • Thomas Geider (Köln): Der "Schwarze Orpheus" auf dem Weg zur Weltliteratur: Janheinz Jahn vermittelt
  • Janos Riesz (Bayreuth): Orphée Noir – Schwarzer Orpheus – Black Orpheus
  • Volker Gallé (Worms): "Große Zivilisationen waren immer Mischkulturen" – Europäische Philosophie und afrikanische Poesie bei Senghor und Jahn
  • Achim Diehr und Jörg Möller (Geldern): Der Schwarze Orpheus an einem deutschen Gymnasium – Bericht vom Projekt "Afrikanische Gedichte in Bildern und Musik"
  • Wolfgang Bender (Mainz): Négritude in der Musik: Senghors Gedichte in der Vertonung von Lamine Konté
  • Lutz Dreyer (Mainz): Schwarzer Orpheus, was lehrst du uns? Elemente afrikanischer Musik im zeitgenössischen Musikschaffen.

Das Symposium klang aus mit einem lyrisch-musikalischen Abendprogramm. In seiner Heterogenität und Interkulturalität, die sich in dem ganz unterschiedlichen, aber jeweils äußerst gelungenen Zusammenspiel von Dichtung und Musik in Interpretationen durch Studierende einerseits und einen professionellen Griot andererseits äußerten, demonstrierte der Abend die Aktualität und Relevanz des Anliegens von Jahns Schwarzem Orpheus ebenso wie die Faszination, die nach wie vor von der Metapher ausgeht. Unter der künstlerischen Leitung von Lutz Dreyer, der am Klavier auch selbst mitwirkte, präsentierten zunächst Studierende des Fachbereichs Musik das Ergebnis ihrer Auseinandersetzung mit Texten aus dem Schwarzen Orpheus im laufenden Sommersemester. In Form von musikalischen Improvisationen interpretierten Marc Dostert (Gesang und Rezitation), Silvia Fox, Jasmin Gottstein, Nathalie Porth, Christine Tischleder (alle Flöte), Sonja Fischer, Jochen Kleinschmidt, Annette Homann, Nina Pfropfe (alle Violine), Stephan Klischat (Gitarre), Dominik Mattes und Steffen Welsch (beide Trommeln) Senghors Gedichte "Ich hab dir ein Lied gesponnen", "Ach diese Straßen", "Gesang des Eingeweihten", "Sie treibt mich", "Ich hab dich begleitet" und "Kongo" in der deutschen Übertragung von Janheinz Jahn. Erweitert wurde das Programm durch das Präludium bzw. Postludium "Minimal Maximal" sowie drei Interludien: Eugene Novotneys "A Minute of News", die Trommelimprovisation "Pas de Deux" und William J. Schinstines "Couplets".

Nach einer kurzen Pause folgte der Auftritt der senegalesischen Griot-Legende Lamine Konté (Paris). Konté rezitierte Poesie ausgewählter Dichter der Négritude (vor allem L.S. Senghor, Birago Diop, Aimé Césaire und Bernard Binlin Dadié) in französischer Sprache und begleitete sich dabei selbst auf der Kora. Er ergänzte seinen Vortrag durch Erläuterungen zur Musik und Kultur verschiedener westafrikanischer Länder bzw. zu den vorgetragenen Texten.

Das Symposium wurde vom Zentrum für Interkulturelle Studien der JGU Mainz und dem Institut für Ethnologie und Afrikastudien finanziell unterstützt.

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